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Wohnungen schützen - Zweckentfremdung bekämpfen

Wie ein Zweckentfremdungsverbot wirkt

45.367 Wohnungen gab es Ende 2021 in Konstanz, das waren knapp 300 Wohnungen mehr als im Jahr zuvor. Trotz des Zuwachses verschwinden Jahr für Jahr Wohnungen aus der Stadt. Warum? So werden alte, baufällige Gebäude durch Neubauten ersetzt. Andere Wohnungen verschwinden, weil sie umgenutzt werden: Während früher oft die Gründung oder Erweiterung von Büros oder Praxen Mieter aus ihren Wohnungen verdrängte, sind es heute Touristen, die über Buchungsportale ehemalige Mietwohnungen als Feriendomizil suchen, finden und mitunter sehr teuer bezahlen.

Schutz von Mietwohnungen in Innenstädten

Diese Verdrängungsprozesse beeinflussen die soziale Stabilität, gerade in den Innenstädten. Deswegen suchen Städte nach Instrumenten, wie sie diese Entwicklungen steuern und bei Bedarf auch einschränken können. Eines der wichtigsten Mittel sind Satzungen „über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“.

Grundlage ist ein Landesgesetz

Seit 2015 gilt das Zweckentfremdungsverbot wieder in der Universitätsstadt Konstanz, nachdem es 2006 von der damaligen CDU-FDP-Regierung abgeschafft wurde. Im Dezember 2013 beschloss der Landtag mit den Stimmen der damaligen Regierung aus Grünen und SPD ein neues Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum und gab damit den Städten und Gemeinden im Land das Recht, eine kommunale Satzung dagegen zu erlassen.

Mehrere Anläufe für ein Zweckentfremdungsverbot

Bereits am Tag darauf stellte der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Herbert Weber, in seiner damaligen Funktion als Stadtrat einen Antrag auf Erlass dieser Satzung in Konstanz. Wie bei vielen Themen der Wohnungspolitik war auch bei diesem Thema zunächst Webers Geduld und politische Hartnäckigkeit gefragt: Mit einer knappen Mehrheit scheiterte Webers Vorstoß im Mai 2014 erstmals. Doch im Jahr darauf gelang es ihm, zusätzliche Unterstützung zu gewinnen. Mit einer Stimme Mehrheit beschloss der Gemeinderat die Satzung.

Was hat sich dadurch geändert?

In Konstanz ist es seitdem nicht mehr erlaubt, Wohnungen für andere Zwecke als zum Wohnen zu nutzen. Wer also aus Wohnraum Büros oder Ferienwohnungen machen will, muss dafür bei der Stadt einen Antrag stellen. Dabei sind solche Nutzungsänderungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Wer beispielsweise Ersatzwohnraum schafft, kann durchaus eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Als Zweckentfremdung gilt auch, Wohnungen länger als ein halbes Jahr leer stehen zu lassen. Verstöße gegen das Zweckentfremdungsverbot können mit Bußgeldern von mittlerweile bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Setzt die Stadt das Zweckentfremdungsverbot um?

Zuständig für die Kontrolle der Satzung ist das Baurechts- und Denkmalamt der Stadt. Dort wurde eigens eine neue Stelle geschaffen, um die neuen Regelungen zum Schutz von (Miet-)Wohnungen in der Innenstadt umzusetzen. Die Leistungsbilanz kann sich durchaus sehen lassen. Über 170 Wohnungen konnten aufgrund der Zweckentfremdungssatzung wieder neu vermietet werden.

Warum gibt es dennoch Leerstand?

Einige Häuser in unserer Stadt stehen trotz des Zweckentfremdungsverbots seit Jahren leer und gammeln vor sich hin. Warum wird dagegen nichts unternommen? Grund ist eine Lücke im Gesetz: Standen Wohnungen leer, bevor die Satzung der Stadt in Kraft trat, kann sie nicht angewandt werden. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg kommt es nicht darauf an, wie lange eine Wohnung leer stand, sondern ab welchem Datum dies begann. Somit sind der Stadt die Hände gebunden: Solange die Landesregierung das Gesetz nicht ändert, fehlen dem Baurechtsamt die rechtlichen Mittel dagegen.

Warum tut die Landesregierung nichts?

Das CDU-geführte Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen kennt die Problematik und auch die konkreten Konstanzer Objekte. Die Mieterbund-Vorstandsmitglieder Herbert Weber und Winfried Kropp haben sie mehrfach in Gesprächen mit der Führungsspitze des MInisteriums dargestellt. Dennoch will die Regierung dieses Thema nicht anpacken. Der Grund dürfte darin liegen, dass die Union Instrumente wie das Zweckentfremdungsverbot grundsätzlich ablehnt, auch weil die Partei sich den Interessen der Immobilienwirtschaft stärker verpflichtet fühlt als den Interessen von Mietern. Doch auch der größere Koalitionspartner auf Landesebene,  die Grünen, zeigt sich eher desinteressiert am Thema.

Welches Interesse haben Eigentümer, Wohnungen leer stehen zu lassen?

Es gibt viele Formen der Spekulation mit Immobilien: Eine davon ist es, mit Baugrundstücken zu handeln, für die es gültige Baugenehmigungen gibt. Diese sind leerstehend mehr wert. Es geht also darum, Grundstücke mit Baurecht immer teurer zu verkaufen. Damit dies gelingt, werden angeblich geplante Baumaßnahmen immer wieder verzögert. Leer stehende Gebäude oder jahrelang ungenutzte Grundstücke sind die Folge. Der Mieterbund fordert daher, auch das Instrument von Baugeboten stärker zu nutzen.

Regelungen in Konstanz

Konstanz hat seit dem 14. März 2015 eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Sie wurde zuletzt im Mai 2022 geändert. Die Stadtverwaltung informiert ausführlich über den Zweck und das Verwaltungsverfahren. Auch der genaue Wortlaut der Satzung ist hier veröffentlicht.

Leerstandsmelder

Sie kennen Wohnungen, die seit Monaten leer stehen? Es finden auch keine Renovierungsarbeiten statt? Dann ist das ein Fall für den Leerstandsmelder. Sie können hier eine Nachricht an die zuständige Dienststelle in der Stadt Konstanz schreiben.Der Mieterbund Bodensee freut sich ebenfalls über Hinweise zu möglichem Wohnungsleerstand. Wir gehen diesen nach und besprechen sie mit der Stadtverwaltung.

Lücken im Gesetz

In Konstanz stehen einige Häuser seit mehr als zehn Jahren leer. Warum die Mittel der Stadt daran nichts ändern können, erläutert Mieterbund-Pressesprecher Winfried Kropp in einem Beitrag für das Online-Magazin Seemoz. Handeln müsste die Landesregierung, doch die will nicht.