Der Gemeinderat in Sipplingen hat im Januar 2025 seine Anerkennung des Mietspiegels, der 2024 neu aufgestellt wurde, als qualifiziert widerufen. Stattdessen soll ein neuer Mietspiegel für Sipplingen erstellt werden. Dabei sollen 500 Mietwohnungen als Datenbasis in die Berechnungen mit einbezogen werden. Nur: So viele Mietwohnungen gibt es in Sipplingen laut Zensus aus dem Jahr 2022 gar nicht. Entgegen der Diskussion im Gemeinderat in Sipplingen hält der Mieterbund Bodensee den Sipplinger Mietspiegel für qualifziert. Die Daten sind korrekt ermittelt und analysiert worden, so dass die Ergebnisse verlässlich und gültig sind. Deswegen dokumentieren wir hier den Mietspiegel 2024 für die Gemeinde Sipplingen.
Zur Kritik am Sipplinger MIeterspiegel hat der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Winfried Kropp Stellung genommen:
Neuaufstellung des Mietspiegels
Der gemeinsame Mietspiegel 2024 für die Gemeinden des Bodenseekreises wurde neu aufgestellt, also komplett neu erarbeitet, was alle vier Jahre erfolgen muss. Zur Vorbereitung werden dabei die Fragebögen, mit denen die Daten für den Mietspiegel erhoben werden, überprüft. Das ist sinnvoll, weil sich Zeitraum von vier Jahren Änderungen ergeben können, die Einfluss auf die jeweilige Miethöhe haben. Es kann auch Fragen geben, die keinen Einfluss auf die tatsächliche Miethöhe gehabt haben. Diese Merkmale werden sinnvollerweise bei einer neuen Befragung nicht mehr erhoben. Auch wenn Mietspiegel durch den gleichen Dienstleister erstellt werden, ergeben sich bei jeder Neuaufstellung Änderungen gegenüber den Vorgänger-Mietspiegeln.
Neue Rechtslage
Zwischen der letzten Neuaufstellung des Mietspiegels im Jahr 2020 und der diesjährigen Datenerhebung hat sich zusätzlich durch das Mietspiegelreformgesetz sowie die neu geschaffene Mietspiegelverordnung die Rechtslage wesentlich geändert. Auf dieser Basis hat das EMA-Institut, das den Auftrag für den Mietspiegel erhalten hat, auf einer Besprechung aller beteiligten Gemeinden und der Interessensvertretungen von Mietern und Vermietern, die methodische Vorgehensweise erläutert und den Fragebogen mit allen Beteiligten abgestimmt.
Verwendung von Geodaten
Ein Mietspiegel ermittelt die ortsübliche Vergleichsmiete anhand der Kriterien Baujahr, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einer Wohnung. Dabei schreibt die Mietspiegelverordnung in § 19 Absatz 3 vor, dass unterschiedliche Wohnlagen durch ein Straßenverzeichnis exakt zu verorten sind. Deswegen werden für die Ermittlung des Wohnwertmerkmals Lage bei vielen Mietspiegeln die allgemein verfügbaren Geodaten verwendet. Deswegen wurde bei der Befragung auf das Abfragen von vielen Lagemerkmalen wie Entfernung zur nächsten Bushaltestelle oder zur nächsten Einkaufsmöglichkeiten verzichtet.
Der Mieterbund Bodensee hat dies ausdrücklich begrüßt, weil gerade diese Lagemerkmale in der praktischen Anwendung immer wieder zu Schwierigkeiten geführt haben. Mit den Geodaten stehen nun objektive Daten für die Wohnlage zur Verfügung, die nicht von individueller Schätzung der Befragten abhängen. Deshalb haben wir darauf in unserer Anerkennung aller Mietspiegel ausdrücklich hingewiesen.
Hat die fehlerhafte Sitzungsvorlage Auswirkungen?
Die Sitzungsvorlage der Gemeinde Sipplingen zum Mietspiegel lag uns zum Zeitpunkt der Anerkennung nicht vor. Das muss sie auch nicht, weil die Begründung einer Sitzungsvorlage einer Gemeindeverwaltung bei der Beurteilung, ob der Mietspiegel nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt wurde, nicht relevant ist.
Die Tatsache, dass die Sitzungsvorlage vom alten Kriterium fußläufige Entfernung schreibt, obwohl dies gar nicht mehr in die Berechnung des Mietspiegels einfloss ist ein natürlich ein Problem, weil dies die Entscheidungsfindung des Gemeinderat beeinflussen könnte. Da dies in unserer Praxis bislang noch nicht vorkam, habe ich unsere Rechtsabteilung beim Deutschen Mieterbund um eine fachliche Einschätzung gebeten, die allerdings noch nicht vorliegt.
Mietspiegelspanne hilft bei der Einstufung von Einzelfällen
Durch die Änderung der Methode kann es bei einzelnen Haushalten wegen der Wohnlage zu einer höheren ortsüblichen Vergleichsmiete kommen. Eine kurze Entfernung zum See in der Luftlinie kann sehr wohl ein mietsteigerndes Merkmal sein. Wenn der See aufgrund Barrieren nur nach einem längeren Fußweg erreichbar ist, relativiert dies die Lage natürlich. Das kann bei korrekter Anwendung des Mietspiegels mit dem Instrument der Mietspiegelspanne angemessen berücksichtigt werden, so dass die neue Methodik des Mietspiegels nicht zu ungerechtfertigter Mietsteigerung führen wird. Dies fordern wir im Fall der Mieterhöhung auf jeden Fall ein.