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Gegen maßlose Grundsteuererhöhung

Mieter und Vermieter wehren sich gegen höchte Steuererhöhnung seit 1945.

Der Plan von Oberbürgermeister Uli Burchardt, die Grundsteuer ab dem Jahr 2023 stark zu erhöhen, stößt auf den gemeinsamen Widerstand der Interessenvertretung von Mietern und Vermietern. Herbert Weber, der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee und Walter Pilz, Verwaltungsratsvorsitzender des Konstanzer Haus- und Grund-Verbands fordern in einem gemeinsamen Schreiben vom Oberbürgermeister den Verzicht der „größten Steuererhöhung in Konstanz seit 1945“. Der Hebesatz soll von derzeit 410 auf 600 Punkte angehoben werden. Dies wäre eine Steuererhöhung von 46 Prozent.

Sowohl für Mieter als auch für Wohnungseigentümer sei das Wohnen in Konstanz so teuer wie kaum in einer anderen Stadt im Land, betonen Weber und Pilz und verweisen auf die Fortschreibung des Konstanzer Mietspiegels, der in wenigen Wochen veröffentlicht werden muss. Explodierende Energiepreise würden in den nächsten Wochen und Monaten erhebliche Mehrkosten für das Wohnen nach sich ziehen, betonen die Verbandsvertreter. Wenn die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen vorliegen drohe vielen Haushalten teure Nachzahlungen von bis zu zwei Monatsmieten, zitieren Pilz und Weber den Vorstandsvorsitzenden des größten deutschen Wohnungsunternehmens Vonovia, Rolf Buch. Auch andere Gesetze wie der CO2-Preis hätten die Kosten des Wohnens erhöht. „Daher fehlt uns angesichts dieser Situation jegliches Verständnis dafür, dass die Stadt Konstanz die ohnehin hohen Kosten des Wohnens weiter in die Höhe treiben will,“ heißt es im Schreiben der beiden Verbände, die zusammen über 10.000 Bürger vertreten.

Mieterbund und Haus und Grund-Verband kritisieren eine „irreführende Darstellung“ der Auswirkungen der Grundsteuererhöhung. So sei es verharmlosend, eine Steuer, die in einem Jahresbeitrag erhoben wird, in Monatsraten umzurechnen: „Warum dividieren Sie nicht durch die einzelnen Steuertage?“, fragen Pilz und Weber beißend. Dies würde die Zahlen noch niedriger machen. Natürlich lasse sich die Belastung der höheren Grundsteuer in Cent pro Quadratmeter darstellen. Mieter und Eigentümer bezahlen jedoch für die ganze Wohnung zwischen 110, 50 und 393,72 Euro mehr Grundsteuer, wenn die geplante Erhöhung in Kraft tritt.

Bei der Grundsteuer handle es sich um eine Steuer, bei der im Gegensatz zu Ertragssteuern die persönliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen keine Rolle spiele. Sie wirke als Haushaltssteuer und habe keine sozialen Komponenten.  Daher müsste einer Erhöhung enge Grenzen gesetzt sein, betonen Pilz und Weber. Auf Kritik stoßen die von der Stadt ins Gespräch gebrachten Kompensationen für die Steuererhöhung. So sollen die Subventionen für den Busbetrieb der Stadtwerke erhöht werden, damit vergünstigte Jahrestickets angeboten werden könnten. Auch Schülertickets sollen billiger werden und es ist mehr Geld für den Konstanzer Sozialpass vorgesehen.  Für Mieterbund und Haus- und Grund stünden diese verkehrs- und sozialpolitischen Vorschläge in keinem Zusammenhang mit der Grundsteuer, da sie „andere Verteilungswirkungen und andere Zugangsvoraussetzungen“ haben. Deswegen seien diese Vorschläge auch nur Ablenkungsmanöver und „Überredungsversuche“. Wer einen Ausgleich von Belastungen aufgrund  maßloser Steuererhöhungen erreichen wollen, könne diese Wirkung einfacher erzielen: „Durch  den Verzicht auf eine Steuererhöhung“.

Insbesondere Walter Pilz macht darauf aufmerksam, dass die Grundsteuer ab 2025 nach einem neuen Prinzip berechnet werde. In diesem Jahr müssten die Steuerpflichtigen erstmals eine Erklärung über Bodenwerte und Grundstücksgröße abgeben. Dies habe bereits jetzt zur erheblichen Verunsicherung geführt, weil „heimliche“ Steuererhöhungen befürchtet würden. Die Vorgehensweise der Verwaltung bestärke diese Ängste der Bevölkerung. „Niemand glaubt, dass die neue Grundsteuer tatsächlich aufkommensneutral sein wird,“ sagt Pilz.

Pilz und Weber gehörten beide viele Jahre dem Konstanzer Gemeinderat an und haben viele Haushaltsberatungen aktiv mitgestaltet. Ihr Urteil zur Finanzpolitik fällt daher kritisch aus: „Aus Vermieter-  und Mietersicht vermissen wir schon lange Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der städtischen Finanzpolitik.“ Es herrsche der Eindruck vor, dass die Verwaltung immer größer werde, ohne dass die Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger besser würden. „Wir wissen jedoch, wer solide Finanzen will, darf nicht einfach Abgaben erhöhen, sondern muss auch Ausgaben erkennbar auf den Prüfstand stellen, muss Wünsche ablehnen und kritisch gegenüber neuen Aufgaben sein“, fordern sie von Politik und Verwaltung.

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