Entsetzt zeigt sich der deutsche Mieterbund über die unsozialen Auswirkungen der Grundsteuer-reform in Baden-Württemberg. So berichtet die Stuttgarter Zeitung, dass nicht nur in den Groß-städten des Landes der Anteil, den Eigentümer von Wohngrundstücken am Gesamtaufkommen der Grundsteuer bezahlen, erheblich steigt und der Anteil von Eigentümern gewerblich genutzter Grundstücke dafür erheblich sinkt. Laut Zahlen der Stuttgarter Zeitung steigt der Anteil für Wohn-grundstücke in Karlsruhe von 16 auf 29 Prozent, in Freiburg von 61 auf 70 Prozent und in Ravens-burg von 54 auf 70 Prozent.
Dass zum „Ausgleich“ der gestiegenen Steuerbelastung für Wohngrundstücke die Eigentümer gewerblicher Grundstücke erheblich entlastet werden, will der Mieter-bund nicht akzeptieren. „Weil die Grundsteuer über die Betriebskosten auf die Mieter abgewälzt werden kann, werden die jetzt schon extrem hohen Wohnkosten in Baden-Württemberg Kommunen noch weiter steigen“, kritisiert Rolf Gaßmann, Vorsitzender des Deutschen Mieterbunds Ba-den-Württemberg.
Der Mieterbund befürwortet grundsätzlich das baden-Württembergische Bodenwertmodell, das zu einer Entlastung von der Grundsteuer in dichter bebauten Gebieten führen soll. Doch von einer Entlastung der Unternehmen auf Kosten der Mieter war bei der Gesetzesreform im Landtag nie die Rede gewesen. der Mieterbund will nicht glauben, dass diese heimliche Umverteilung von der Landesregierung so geplant war. „Sollte die Landesregierung ihren grob unsozialen Fehler bei der Reform nicht gesehen haben, so muss sie ihn korrigieren“, fordert Gaßmann. Der Mieterbund habe die von grün/schwarz versprochene Aufkommensneutralität immer auch so verstanden, dass Eigentümer von Wohn- und Gewerbegrundstücken nach einer Reform den gleichen Anteil zum Steueraufkommen leisten müssen.
Die Steuerumverteilung liegt offensichtlich nicht im baden-württembergischen System der Boden-wertsteuer begründet. So gibt es auch in Bundesländern mit anderen Steuermodellen eine Entlastung für Gewerbegrundstücke, so z.B. in NRW. Manche Bundesländer haben einer Umverteilung vorgebeugt, indem sie für Gewerbegrundstücke eine deutlich höhere Messzahl beschlossen haben. In Sachsen liegt sie doppelt so hoch wie bei Wohngebäuden. Auch im Saarland wurde die Messzahl entsprechend angepasst, um nicht Mieter und Besitzer von Eigenheimen unnötig zu belasten. „Weil in Baden-Württemberg der Abschlag für Wohngrundstücke bislang nur 30 Prozent beträgt, war die Umverteilungswirkung im Landesgesetz programmiert und bedarf der umgehenden Korrektur“, fordert der Mieterbund.