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Immobiliengesellschaft geht pleite: Mieter tragen die Lasten

Niemand fühlte sich in Singen für die Beseitigung von Mängeln zuständig / Mieterbund Bodensee hilft Betroffenen

Wochenlang hatten knapp hundert Mieterhaushalte aus der Wohnanlage Langenrain in Singen (Landkreis Konstanz) vergangenen Sommer keine funktionierende Wasserversorgung. Statt warmem Wasser floss aus den Leitungen allenfalls eine braune Rostbrühe. Beschwerden bei der Hausverwaltung waren zahlreich, doch lange erfolglos. Kein Wunder: Die zuständige Verwaltungsgesellschaft d.i.i. Property Management GmbH war zu diesem Zeitpunkt in Liquidation und hatte bereits siet Monaten Dienstleister nicht mehr bezahlt. Doch niemand hielt es für notwendig, die Mieterinnen und Mieter davon zu unterrichten.

Ende Juli 2024 meldete sich mit der MVGM Property Management Deutschland eine neue Hausverwaltung. Doch wer geglaubt hatte, dass eine neue Verwaltung etwas besser machen würde, sah sich schon bald getäuscht. Im Herbst fiel die Heizungsanlage erneut aus. Neue Verwaltung, gleiches Bild: Wochenlang passierte gar nichts, trotz zahlreicher Beschwerden. Die Hausverwaltung blieb untätig und die Mieterinnen und Mieter mussten frieren.

In zwei sehr gut besuchten Mieterversammlungen klärte der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Winfried Kropp, die Betroffenen über ihre Rechte auf. Erst als im Anschluss an diese Informationstermine die Mieterinnen und Mieter der Hausverwaltung konkrete Fristen gesetzt und mit einer Mietminderung gedroht hatten, wurden Handwerker beauftragt. Kurz vor Weihnachten brachten diese die Heizungsanlagen wieder zum Laufen.

Dies war auf wachsenden politischen Druck zurückzuführen. Ein Bündnis aus Mieterbund Bodensee, der Präventionsnetzwerk gegen Kinderarmut in Singen „Kinderchancen", der Caritas und der Arbeiterwohlfahrt in Singen und Vertretern der Stadtverwaltung machte sich deutlich vernehmbar für den Langenrain stark. Das war vor allem deswegen notwendig, weil der Langenrain als sozialer Brennpunkt gilt, in dem viele arme Menschen leben.

Auf Anregung des Mieterbunds Bodensee schaltete sich auch der Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler ein. Dieser erhielt tatsächlich eine Antwort und zwar von einem neuen, bislang in Singen unbekannten Akteur. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Wertgrund meldete sich beim Stadtoberhaupt und sicherte eine Beseitigung der Missstände zu.

Noch bevor die Heizung in allen Häusern wieder zuverlässig funktionierte, gab es jedoch für die Bewohner einen neuen Schock: Sie erhielten die Betriebskostenabrechnungen, die für alle Haushalte erhebliche Nachzahlungen, oft in vierstelliger Höhe, fordern. Ein erster Blick zeigte sofort: Die vorgelegten Abrechnungen entsprechen nicht den gesetzlichen Vorschriften. Auch bei den Betriebskosten hilft der Mieterbund Bodensee. Neben der konkreten Rechtsberatung für die Mitglieder stellt der Mieterbund allen Betroffenen Formschreiben zur Verfügung, mit deren Hilfe sie Widerspruch gegen die Abrechnung einlegen können. In Vorbereitung ist eine weitere Mieterversammlung, die sich dem Streitthma Betriebskosten widmen wird.

Bittere Wahrheit im Singener Langenrain: Die Mieterinnen und Mieter sind Opfer der Immobilienspekulation geworden. Noch vor zehn Jahren gehörten ihre Wohnungen einer städtischen Gesellschaft. Diese wurde aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgelöst. Unnötig, wie damals Winfried Kropp und der Ehrenvorsitzende des Mieterbunds Bodensee Herbert Weber feststellten. Von der kommunalen Gesellschaft wechselte das Eigentum der Wohnungen an einen mittelständischen Bauträger aus dem Kreis Ludwigsburg, die OSWA-Gruppe. Diese verkaufte insgesamt über 400 Wohnungen bereits vier Jahre später an einen Immobilienfonds, an die Deutschen Invest Immobilien (d.i.i.). Diese Gruppe hatte in den Folgejahren zwar hohe Mieten kassiert, dafür aber die Instandhaltung ihrer Wohnungen stark vernachlässigt. Das spekulative Geschäftsmodell fiel Anfang 2024 in sich zusammen. Die d.i.i.-Gruppe musste, unter anderem nach Intervention der Finanzaufsicht Bafin, Insolvenz anmelden. Wegen Unregelmäßigkeiten wurde der Geschäftsführer der d.i.i.- Gruppe auch sofort nach Eröffnung des Verfahrens beurlaubt.

Die Leidtragenden sind aber die Mieterinnen und Mieter. Noch im April 2024 hatte die alte Hausverwaltung, die d.i.i. Propery Management GmbH ihnen versichert, dass das Insolvenzverfahren für sie keine negativen Auswirkungen haben werde. Wie sich gezeigt hat, ein leeres Versprechen. Daher fordert Winfried Kropp wirksame politische Maßnahmen gegen Immobilienspekulation. Besonders wichtig sei ein Transparenz-Register für Wohnimmobilien. Mieterinnen und Mieter müssen wissen, wem ihre Wohnungen gehören, sagt der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee.

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Instandhaltung vernachlässig: Die Wohnanlage im Langenrain in Singen